Gut ein Jahr ist es her seit der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) den Klimaseniorinnen in ihrer Klage gegen die Schweiz Recht gab. Das Urteil schuf einen Präzedenzfall für alle 46 Staaten des Europarates.
Bundesrat, National und Ständerat würdigten die Auslegung der Menschenrechtskonventionen bezogen auf Klimaschutz kritisch. Bioethiker und Philosoph, Christoph Rehmann-Sutter, kritisiert die Haltung der Schweiz. «Diese Argumentation ist schwer nachvollziehbar», fand Christoph Rehmann-Sutter. «Da war viel Nationalstolz dabei und sich nichts von Strasbourg sagen lassen wollen.»
Denn das Gericht habe gesehen, dass durch die Klimapolitik der Schweiz Menschenrechte verletzt würden, so Rehmann-Sutter. Das sei ernst zu nehmen. Ausserdem handle es sich bei Menschenrechtstexte um lebendige Texte, erklärt der Bioethiker. «Sie müssen von den Gerichten auf neue Kontexte hin ausgelegt werden und der Klimawandel ist ein neuer Kontext. Selbstverständlich hat der eine Relevanz für Menschenrechte.»
Viel ist hier zu Lande seit dem Urteil nicht geschehen. Deshalb forderte im vergangenen Monat das Ministerkomitee des Europarats die Schweiz erneut auf die Anforderungen des EGMR-Urteils zu erfüllen und in der Klimastrategie nachzubessern. Auch die gestrige Kundgebung der Klimaseniorinnen anlässlich des ein-Jahres-Jubiläum des EGMR-Urteils war eine Erinnerung an die Schweizer Politik, sich in Sache Klimaschutz und Menschenrechte zu ernsthaft zu engagieren.
Christoph Rehmann-Sutter im Interview: