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30. Oktober 2025
Gold aus Sudan: «Wir brauchen mehr Transparenz»
Christine Badertscher ist als Grüne-Nationalrätin in der aussenpolitischen Kommission und setzt sich unter anderem für Fairen Handel ein.

Die von den Vereinigten Arabischen Emiraten unterstützten Rapid Support Forces (RSF) haben am Sonntag die sudanesische Stadt El Fascher eingenommen. Die UNO warnt vor weiteren Massakern. Gold spielt dabei eine zentrale Rolle: Es finanziert den Krieg – und gelangt über die Emirate auch in die Schweiz. Laut Swissaid zählt die Schweiz neben den Emiraten und Indien zu den drei wichtigsten Importländern afrikanischen Goldes. Nationalrätin Christine Badertscher (Grüne) fordert im Interview mit RaBe-Info mehr Transparenz und politisches Engagement der Schweiz im Umgang mit dem Goldhandel und dem Krieg im Sudan.


RaBe-Info: Wie kann Gold aus dem Sudan in die Schweiz gelangen?


Christine Badertscher: Gold wird über den Sudan in die Vereinigten Arabischen Emirate geliefert oder gelangt dorthin und von dort weiter, zu einem grossen Teil in die Schweiz, da sich hier immer noch Raffinerien befinden. In der Zollstatistik sieht man, dass sich die Menge seit Beginn des Krieges um etwa zehn Prozent erhöht hat. Es ist schwierig zu sagen, ob das direkt mit dem Krieg zusammenhängt, aber es ist doch bemerkenswert.

«Es braucht hier mehr Transparenz über den Ursprung.»
Christine Badertscher Grüne Nationalrätin


Wie ist die aktuelle Verordnung, wenn es um Rohstoffe wie Gold aus Konfliktgebieten geht?


Seit 2021 gibt es in der Schweiz eine Verordnung über die Sorgfaltspflichten und Transparenz bezüglich Mineralien und Metallen aus Konfliktgebieten und Kinderarbeit. Diese wäre eigentlich gut, da sie gewisse Sorgfaltspflichten regelt, wenn Rohstoffe aus Konfliktgebieten stammen. Das Problem ist aber, dass die Vereinigten Arabischen Emirate, woher dieses Gold kommt, nicht als Konfliktgebiet gelten. Deshalb findet die Verordnung in diesem Fall keine Anwendung. Man müsste gesetzlich regeln, dass nicht nur das letzte Herkunftsland zählt, sondern auch die vorherigen Etappen einbezogen werden – also woher die Emirate das Gold ursprünglich bezogen haben. Es braucht hier mehr Transparenz über den Ursprung. Momentan ist das jedoch nicht so, weshalb die Verordnung auf Gold aus den Vereinigten Arabischen Emiraten nicht anwendbar ist.


Eine Studie von Swissaid zeigt, dass Gold aus afrikanischen Ländern über die Arabischen Emirate möglicherweise auch aus dem Sudan in die Schweiz gelangt. Begibt sich die Schweiz hier in eine rechtlich heikle Position?


Wenn die Vereinigten Arabischen Emirate als Absender gelten, ist es schwierig, weil keine Berichterstattungspflicht oder besondere Massnahmen bestehen, wie wenn das Gold direkt aus einem Kriegsgebiet kommt. Es soll aber eine Änderung geben, wonach beim Zoll künftig zwischen Minengold und Raffineriegold unterschieden wird. Das würde etwas mehr Transparenz schaffen. Das grosse Problem bleibt jedoch die fehlende Nachvollziehbarkeit.


Sie haben im Mai eine Interpellation eingereicht und den Bundesrat zur Rolle der Vereinigten Arabischen Emirate und der Schweiz im Sudan befragt. Der Bundesrat erklärte in seiner Stellungnahme im August, dass er keine eigenständigen Untersuchungen durchführe, aber regelmässige Kontakte zu den Kriegsparteien und den Emiraten nutze, um auf Konfliktlösungen hinzuwirken. Sind Sie mit dieser Antwort zufrieden?


Das ist immer eine gute Frage. Es könnte sicher mehr gemacht werden. Aber man darf nicht ausser Acht lassen, was die Schweiz bereits tut. Sie ist Teil der ALPS-Koalition, die sich für den Schutz der Zivilbevölkerung und den Zugang humanitärer Hilfe im Sudan einsetzt. Ich finde es sehr positiv, dass sich die Schweiz hier engagiert. Ihre Abteilung für Friedensförderung bemüht sich intensiv, mit den Konfliktparteien im Gespräch zu bleiben, um Friedensverhandlungen zu ermöglichen. Es gab bereits Konferenzen in Genf und London, leider ohne Erfolg. Trotzdem ist das Engagement der Schweiz gross. Auf der anderen Seite könnte sie gegenüber den Emiraten noch kritischer auftreten und gewisse Punkte stärker ansprechen.


Die Vereinigten Arabischen Emirate sind der wichtigste Handelspartner der Schweiz in der Region. Was könnte die Schweiz in Gesprächen mit ihnen fordern, etwa im Zusammenhang mit dem Goldhandel?


Man könnte verlangen, dass Transparenz hergestellt wird – also die Frage stellen, woher das Gold stammt, das in die Schweiz exportiert wird, und ob es womöglich eine der Kriegsparteien im Sudan finanziert. Das wäre sicher ein Punkt, den man auf diplomatischer Ebene ansprechen sollte, auch wenn das schwierig ist, da viele Stellen involviert sind.

«Die Schweiz könnte gegenüber den Emiraten noch kritischer auftreten und gewisse Punkte stärker ansprechen.»
Christine Badertscher Grüne Nationalrätin


Der Sudan steht politisch nicht im Zentrum der Aufmerksamkeit. Wie empfinden Sie das Interesse im Parlament?


Ich bin tatsächlich überrascht und auch etwas betroffen, wie gering das Interesse ist. Der Sudan ist im Parlament kaum ein Thema. Ich versuche bei jeder Gelegenheit, Fragen zu stellen – etwa zur Rolle der Schweiz –, damit das Thema nicht vergessen geht. Wenn man an die vielen Flüchtlinge denkt, vor allem in den Nachbarländern wie dem Tschad, einem der ärmsten Länder der Welt, ist die Situation dort extrem schwierig. Umso erschütternder ist es, dass sich so wenige damit beschäftigen.


El Faschr wurde am Sonntag von den Rapid Support Forces eingenommen. Es drohen Massaker und ethnische Säuberungen. Wie blicken Sie auf die nächsten Monate in Bezug auf Politik und internationale Zusammenarbeit im Sudan?


Die Situation ist sehr beunruhigend. Die Hoffnung auf ein Friedensabkommen ist momentan sehr klein. Deshalb steht für die Schweiz im Vordergrund, innerhalb der ALPS-Koalition den Zugang für humanitäre Hilfe zu sichern – das hat höchste Priorität. Auch die Finanzierung der Hilfe ist entscheidend. Bislang ist die humanitäre Hilfe von den Budgetkürzungen ausgenommen, aber es wird zunehmend schwierig, genug Mittel aufzubringen, da es weltweit viele Krisen gibt. Ich hoffe, dass die Schweiz wenigstens finanziell ihren Beitrag leisten kann und weiterhin am Zugang zu humanitärer Hilfe arbeitet. Friedensgespräche oder zumindest Gespräche zum Schutz der Zivilbevölkerung wären wünschenswert, auch wenn die Aussichten im Moment schlecht sind.


Gibt es noch etwas, das Sie hinzufügen möchten?


Ich finde es sehr wichtig, dass über den Sudan gesprochen wird, weil der Konflikt sonst kaum Aufmerksamkeit bekommt. Politisch funktioniert es oft so: Dort, wo Aufmerksamkeit besteht, fliessen auch Geld und Diskussionen hin. Wenn über einen Konflikt kaum berichtet wird, wird er schnell vergessen. Deshalb ist die öffentliche Aufmerksamkeit entscheidend.


Christine Badertscher ist seit 2019 als Grüne-Nationalrätin in der aussenpolitischen Kommission tätig.

Hier das ganze Interview nachhören.

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