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1. Oktober 2025
Die Global Sumud Flotilla hat die Hochrisikozone erreicht
Wikimedia Commons
Foto: Wikimedia Commons Als Global Sumud Flotilla versammelt haben sich um die 40 Schiffe mit dem Ziel, die israelische Seeblockade zu durchbrechen.

Seit einem Monat segelt die Global Sumud Flotilla in Richtung Gaza. Die Flotte bestehen aus rund 40 Schiffen, weil die israelischen Seeblockade durchbrechen und Hilfsgüter nach Gasa bringen. Auf den Schiffen befinden sich unter anderem Seeleute, Aktivistinnen, Ärztinnen und Journalistinnen aus über 50 Ländern. Auch eine Delegation aus der Schweiz ist dabei, darunter die Bernerin Tabea Zaugg, die auf der Aurora mitsegelt. Wir konnten gestern Nachmittag mit ihr sprechen, wenige Stunden bevor die Flotilla die sogenannte Hochrisikozone erreicht hat.

Tabea Zaugg, wo befinden Sie sich zurzeit?

Nachdem wir genau vor einem Monat in Barçelona die Mission gestartet haben, in Tunis und in Sizilien die Flotte mit mehr Booten bereichert und schliesslich südlich von Kreta noch einmal Anker gelegt haben, sind wir jetzt absolut im Endspurt. Wir wollen unsere Mission erfüllen, nämlich der Zivilbevölkerung in Gaza Hilfsgüter, Nahrung, Babymilch und Hoffnung bringen, damit dieser Völkermord am palästinensischen Volk beendet werden kann.

Die Reise dahin verlief nicht ganz frei von Vorfällen. In der letzten Woche war zu vernehmen, dass die Flotilla mit Drohnen angegriffen wurde. Wie haben Sie das erlebt?

Wir haben in der Nacht vom 23. auf den 24. September Drohnenattacken erlitten. Insgesamt 13 Sprengkörper wurden auf einzelne Boote abgesetzt, das geschah zwischen 1 Uhr und 4 Uhr morgens. Wir mussten uns im Bug des Bootes versammeln und startklar bleiben, um evakuiert zu werden. Wir haben die Explosionen nicht gesehen, aber wir haben die Druckwellen gespürt und hörten die Explosionen. Der Vorfall zeigt die Ernsthaftigkeit der Lage.

Von aussen betrachtet scheint die Lage recht angespannt. Wie ist die Stimmung denn bei Ihnen zurzeit?

Ich denke schon, dass wir als Teilnehmerinnen und Teilnehmer dieser Mission eine grosse Ernsthaftigkeit an den Tag legen. Das gilt auch für unsere Eltern, Freunde und Familien zu Hause und für alle Menschen, die unsere Mission verfolgen. Es geht um den Völkermord am palästinensischen Volk im Gazastreifen und im Westjordanland. Und es geht darum, dass die Schweizer Medien zu wenig über dieses Thema berichten und zu wenig ausführlich. Und es geht darum, dass die Schweizer Regierung absolut nichts dagegen unternimmt, dass dieser Völkermord geschieht. Es gilt, diese Missstände aufzudecken und etwas dagegen zu tun. Dennoch versuchen wir an Bord als Crew, uns den Tag so zu gestalten, dass wir auch miteinander lachen und eine gute Stimmung an Bord pflegen.

Mehrere Länder haben ja nun Fregatten zur Begleitung der Flotilla geschickt. Was macht die Präsenz dieser Schiffe denn mit Ihrem Sicherheitsgefühl?

Es ist auf jeden Fall sehr erleichternd, dass wir jetzt von Italien, Spanien, Griechenland und der Türkei Militärboote an die Seite gestellt bekommen haben. Diese Militärboote werden uns in der letzten Etappe dieser Mission begleiten. Und Sie dienen unserem Schutz. Wenn es noch einmal zu Attacken kommen würde, dann könnten die Militärboote uns als Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Global Sumud Flotilla bergen. Was mich vor allem begeistert an dem Ganzen ist, dass in diesen Ländern die Regierungen eigentlich auf den Druck der Zivilbevölkerung reagiert haben und etwas unternehmen mussten, um die Global Sumud Flotilla zu schützen.

Sie haben eben die Berichterstattung auch in der Schweiz angesprochen. Wie nehmen Sie grundsätzlich den Rückhalt für Ihre Mission in der Heimat wahr?

Ich persönlich habe das grosse Glück, dass meine Eltern hinter mir stehen und meinen Einsatz in dieser Mission unterstützen und meine Anliegen teilen. Auch meine Freunde, die mich nicht immer nachvollziehen können, stehen hinter mir und stärken mir den Rücken. Das beflügelt mich. Ich glaube auch, dass die Bevölkerung in der Romandie und den Tessin für das palästinensische Volk brennt. Und dass die Bevölkerung ein Ende des Genozides sehen möchte, so schnell wie möglich. Das lässt mich etwas enttäuscht über die Deutschschweiz, weil Israel hat seit dem 7. Oktober 2023 jede Stunde mindestens ein Kind getötet. Das ist ein ganzes Klassenzimmer pro Tag. Und dass der Aufschrei in der Bevölkerung der Schweiz nicht grösser ist, das enttäuscht mich.

Die Mission nähert sich jetzt immer mehr der Küste Gaza und damit auch der Hochrisikozone. Wie sehen Sie diesen nächsten 24 Stunden entgegen?

Wir müssen ab sofort damit rechnen, dass Israel uns abfängt und in Gefangenschaft nimmt. Das ist illegal, verstösst gegen das Seerecht und das internationale Recht, namentlich gegen die Wiener Konvention sowie die Genfer Konvention. Dennoch müssen wir rechnen. Und wir haben uns auch verpflichtet, eine absolut gewaltfreie Mission zu sein. Also würden wir uns in dem Fall fügen. Und das würde bedeuten, dass wir nach einer Untersuchungshaft wieder in unsere Herkunftsländer zurück gesendet werden. Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass trotzdem einige von uns – vielleicht nicht alle – die Küste Gazas erreichen, um den Menschen vor Ort ein Zeichen der Hoffnung zu geben sowie um ihnen unsere Hilfsgüter übergeben können.

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